Keine Ideen für neue Games? Warum es so viele Remakes gibt

Michael Brandt28. DEZEMBER 2023
Ein weißer Sony-Controller liegt vor einem Bildschirm mit dem Titel "Resident Evil 4" und einer dunklen Waldszene.

stock.adobe.com/miglagoa

Remakes und Remaster alter Games überschwemmen seit einiger Zeit den Markt. Sind vielen Entwicklern etwa die kreativen Ideen für neue Games ausgegangen? Definitiv nicht, aber Remakes haben für sie im Vergleich zu Neuentwicklungen einige Vorteile. Welche das sind und welche Vor- und Nachteile Remakes für dich als Gamer haben, liest du hier.

„Super Mario 64“, „Tony Hawk’s Pro Skater“, „Age of Empires 2“, „Final Fantasy 7“, „Resident Evil 2“ – diese Spiele waren schon auf älteren Konsolengenerationen und PCs echte Hits. Als Remakes oder Remaster begeistern sie nun auch auf den aktuellen Konsolen Kenner der Originale sowie Neulinge. Neuauflagen alter Games sind beliebt und scheinbar werden es von Jahr zu Jahr mehr. Aber warum recyceln Spielestudios alte Games, anstatt innovative neue Titel zu entwickeln? Das hat verschiedene Gründe, der wichtigste ist: Sicherheit.

Remakes & Remaster: Eine sichere Bank für Entwickler

Die Entwicklungskosten hochkarätiger Games liegen heutzutage im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich. Stellt sich ein Game mit derart hohem Budget am Ende als Flop heraus, hat das für das Entwicklerstudio harte Konsequenzen: Entlassungen mehrerer Mitarbeiter sind wahrscheinlich, im schlimmsten Fall droht die Schließung, wie es etwa bei dem deutschen Studio Daedalic, dem Entwickler von „Der Herr der Ringe: Gollum“, der Fall war.

Ein garantierter Hit oder zumindest gute Verkaufszahlen sind also extrem wichtig. Allerdings lässt es sich bei innovativen Spielen mit neuen Ideen schwer einschätzen, ob es bei Mainstream-Gamern gut ankommt. Die Entwicklung komplett neuer Spiele oder IPs birgt ein großes Risiko. Um das Risiko zu senken, stehen Entwicklern mehrere Optionen offen:

  • ein beliebtes Genre bedienen: Von Zeit zu Zeit liegen bestimmte Genres im Mainstream-Gaming im Trend. Aktuell sind Soulslikes und Open-World-Spiele besonders beliebt. Entscheidet sich ein Entwickler für ein aktuell populäres Genre und liefert ein ordentliches Game ab, sind die Chancen auf gute bis sehr gute Verkaufszahlen hoch.
  • eine Spielreihe fortsetzen/starten: Auch bei Fortsetzungen ist das Risiko eines Flops gering. Bei Traditionsreihen wie „Super Mario“, „Call of Duty“ oder „Mortal Kombat“ genügt es in der Regel, bewährte Elemente mit kleineren Neuerungen zu kombinieren, um gute Verkaufszahlen zu erzielen. Gelingt einem Studio mit einer neuen IP ein Hit, kann sich der Start einer Spielserie lohnen.
  • ein Remake oder Remaster machen: Was Gamer damals begeistert hat, kommt als Neuauflage auch heute gut an, oder? In der Regel schon. Sind Remakes und Remaster alter Klassiker gut gemacht, begeistern sie Kenner der Originale und häufig auch jüngere Gamer, die das frühere Original nicht kennen.

Bei Remakes und Remastern ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es eine relativ große Gruppe an Gamern gibt, die das fertige Spiel kaufen wird. Abseits davon haben Neuauflagen noch einen anderen Vorteil gegenüber Neuentwicklungen: Viele Elemente aus dem Original können wiederverwendet oder angepasst werden.

Remaster vs. Remake: Wo ist der Unterschied?

Bei einem Remaster wird ein altes Spiel an aktuelle technische Standards angepasst. Alte Texturen bekommen eine höhere Auflösung, die Grafik wird ein wenig aufpoliert und manchmal bessern Entwickler noch einige in die Jahre gekommene Gameplay-Elemente wie etwa eine hakelige Steuerung nach. Inhaltlich bleibt ein Remaster in der Regel unangetastet. Der Entwicklungsaufwand ist vergleichsweise klein.

Externe Inhalte

Um Ihnen Video mit weiteren Informationen zu Produkten und Dienstleistungen anzeigen zu können, arbeiten wir mit Youtube zusammen. Für das Anzeigen der Inhalte benötigen wir Ihre Zustimmung.

TURN ON Games

Bei einem Remake wird nicht nur die Grafik auf Vordermann gebracht, das Spiel bekommt auch (leichte) inhaltliche Anpassungen: Die Neuauflage kann zum Beispiel eine Sprachausgabe erhalten, das Level-Design kann angepasst werden oder es kann neue Inhalte wie Levels oder Waffen geben. Größere Änderungen bei der Geschichte des Spiels gibt es nicht, es kann aber sein, dass bestimmte Abschnitte für neue Inhalte angepasst werden müssen. Der Entwicklungsaufwand bei einem Remake ist höher als bei einem Remaster, aber immer noch deutlich kleiner als bei einer Neuentwicklung.

Für Entwicklerstudios sind Remakes und Remaster also eine durchaus lohnende Sache, aber wie wirkt sich die hohe Anzahl an Remakes auf die Gaming-Welt aus? Für Gamer können Remakes und Remaster sehr attraktiv sein, aber sie stellen auch eine Gefahr für die Gaming-Industrie dar. In einigen Fällen können sie sogar zu einem echten Desaster werden.

The Good: Alte Klassiker in ihrer besten Form zocken

Gamer, die schon länger dabei sind, kennen die Situation: Man hat richtig Bock darauf, einen alten Gaming-Klassiker aus der Jugend zu zocken. Man kramt also seine alte Konsole raus, schließt sie an den 65-Zoll-4K-TV, startet das Spiel – und ist enttäuscht. Die Grafik des Spiels sieht matschig aus und die Steuerung ist hakelig und unpräzise. Hat man das Spiel besser in Erinnerung, als es tatsächlich ist?

Wahrscheinlich nicht. Zu der Zeit, als der Klassiker aktuell war, zählte er womöglich zu den besten Games überhaupt. Viele Spiele altern einfach schlecht. Das hängt mit dem schnellen technischen Fortschritt in der Gaming-Industrie zusammen. Was vor zehn Jahren ein echter Grafikkracher war, sieht auf heutiger Hardware bestenfalls noch ganz okay aus.

Externe Inhalte

Um Ihnen Video mit weiteren Informationen zu Produkten und Dienstleistungen anzeigen zu können, arbeiten wir mit Youtube zusammen. Für das Anzeigen der Inhalte benötigen wir Ihre Zustimmung.

TURN ON Games

Remakes und Remaster sind eine Möglichkeit, die alten Klassiker noch einmal in ihrer besten Form zu erleben. Aber nicht nur Nostalgiker kommen mit guten Remakes voll auf ihre Kosten. Auch jüngere Gamer, die die Originale damals verpasst haben, können dank Remakes und Remastern Must-play-Titel nachholen. Und es gibt eine ganze Reihe guter Remakes und Remaster, die ältere und jüngere Gamer auf gar keinen Fall verpassen sollten:

The Bad: Remakes und Remaster bremsen kreative Neuentwicklungen aus

Es ist verständlich, dass Studios sich immer häufiger für die Entwicklung eines Remakes oder Remasters entscheiden, um das Risiko eines Flops zu minimieren. Zudem sind die Neuauflagen deutlich günstiger in der Produktion und die Entwicklungszeiträume sind kürzer. Und selbstverständlich freuen wir Gamer uns total, wenn eins unserer Lieblingsspiele noch einmal mit guter Grafik und neuen Features für aktuelle Konsolen erscheint. Aber wollen wir wirklich immer wieder die gleichen Spiele zocken?

Externe Inhalte

Um Ihnen Video mit weiteren Informationen zu Produkten und Dienstleistungen anzeigen zu können, arbeiten wir mit Youtube zusammen. Für das Anzeigen der Inhalte benötigen wir Ihre Zustimmung.

TURN ON

Je mehr Remakes und Remaster produziert werden, desto weniger Spiele mit neuen spannenden Geschichten und innovativen Gameplay-Mechaniken kommen auf den Markt. Die alten Storys werden uns im neuen Gewand immer wieder aufgetischt. Von dem PS3-Spiel „The Last of Us“ aus dem Jahr 2013 erschien 2014 ein Remaster für die PS4 und 2022 noch ein Remake für die PS5. Es handelt sich hier um einen sehr guten Titel, aber muss seine Geschichte gleich dreimal erzählt werden?

Das Entdecken neuer Welten macht beim Zocken einen Großteil des Spielspaßes aus. Und das bleibt aus, wenn wir immer wieder in die gleichen Welten eintauchen. Dass die Gaming-Landschaft irgendwann zu einer Spirale endloser Remakes wird, ist eher unwahrscheinlich. Aber die Anzahl innovativer neuer Spiele ist in den letzten Jahren spürbar zurückgegangen. Das liegt zwar nicht nur an Remakes und Remastern, aber sie tragen dazu bei.

The Ugly: Schlechte Remakes und Remaster für das schnelle Geld

Und dann gibt es leider noch die Remakes und Remaster, die schlechter sind als ihre Originale. Wie das sein kann? Eine gute Frage! Wie oben erwähnt, sollten Neuauflagen alter Klassiker doch eine recht sichere Sache sein: Eine Story ist bereits vorhanden und Mechaniken, Level und Gameplay-Elemente können entweder komplett übernommen oder müssen lediglich leicht angepasst werden. Noch ein wenig die Grafik aufpolieren und fertig ist das Remake.

Ganz so einfach ist es eben doch nicht. Häufig muss die zugrundeliegende Struktur der Games auf neue Hardware angepasst werden. Was damals auf alten Konsolen und PCs gut lief, muss auf neueren Systemen nicht zwangsläufig ebenso gut oder besser laufen. Und auch die Anpassung der Grafik auf neue Konsolen und PCs erfordert Zeit und Arbeit. Den Aufwand der Neuauflagen scheinen aber nicht nur Gaming-Fans zu unterschätzen.

Externe Inhalte

Um Ihnen Video mit weiteren Informationen zu Produkten und Dienstleistungen anzeigen zu können, arbeiten wir mit Youtube zusammen. Für das Anzeigen der Inhalte benötigen wir Ihre Zustimmung.

TURN ON Games

Auch Publisher scheinen gelegentlich nicht zu verstehen oder verstehen zu wollen, dass Remakes und Remaster Zeit und Geld benötigen. Einige sehen in den Neuauflagen nur schnell verdientes Geld. Und das kann für den Publisher ein böses Ende nehmen: Gibt man den Entwicklern zu wenig Zeit für ein Remake, stellt zu kleine Entwicklerteams zusammen oder versucht an allen Ecken und Enden zu sparen, dann kommen desaströse Remakes wie „Warcraft 3: Reforged“ auf den Markt.

Bei „Warcraft 3: Reforged“ hatte der Publisher Blizzard im Vorfeld viele Neuerungen und Verbesserungen im Vergleich zum Vorgänger versprochen. Zum Release fehlten jedoch die meisten, sie wurden während der Produktion einfach gestrichen. Auch grundlegende Features wie eine Rangliste, die im Original vorhanden waren, waren nicht vorhanden. Noch schlimmer: Das Remake spielte sich aufgrund von unzähligen Bugs schlechter als das Original. „Warcraft 3: Reforged“ erhielt deshalb auf Metacritic eine der schlechtesten Nutzer-Bewertungen überhaupt und Blizzard erstatte vielen verärgerten Käufern den kompletten Kaufpreis zurück.

Zusammenfassung: Sind Remakes und Remaster gut oder schlecht?

  • Remakes und Remaster bieten Entwicklern eine gewisse Sicherheit bei der Entwicklung.
  • Neuauflagen von Klassikern, die sich damals gut verkauften, haben das Potenzial, erneut ein Hit zu werden.
  • Die Entwicklung von Remakes und Remastern ist weniger kosten- und zeitintensiv als die von Neuentwicklungen. Viele Elemente aus den Originalen können übernommen oder müssen nur angepasst werden.
  • Kenner der Originale können mit Remakes und Remastern ihre Lieblingsspiele in ihrer besten Form noch einmal erleben.
  • Für Neulinge sind Remakes und Remaster häufig die beste Option, alte Games, die man gespielt haben sollte, nachzuholen.
  • Die große Zahl an Neuauflagen sorgt dafür, dass weniger Spiele mit innovativen Ideen auf den Markt kommen.
  • Unterschätzen Publisher die Aufwände von Remakes und Remastern oder steht nur das schnelle Geld im Vordergrund, sind schlechte Remakes praktisch vorprogrammiert.